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Die Danakil – der heißeste Punkt der Erde
Äthiopien – Djibouti – Somaliland

Ost-Afrika
25. Dezember 2011 – 10. Jänner 2012


Reisebericht Äthiopien Danakil-Wüste

Sie ist eine der heißesten und entlegensten Gebiete überhaupt – die Danakil-Senke im Nordosten Äthiopiens. Auch die Nachbarstaaten Djibouti und Eritrea sind von dieser geologisch einzigartigen Landschaft bedeckt. Daneben beherbergt die noch junge und unabhängige Republik Somaliland im Norden Somalias einige der besterhaltenen urzeitlichen Felsmalereien Afrikas.

Doch zurück zur Danakil. Sie ist eine ca. 150.000 Quadratkilometer große, dreieckige Tiefebene. Hier treffen gleich drei aktive Grabenbrüche aufeinander, an deren Flanken die Erdplatten kontinuierlich auseinanderdriften, sodass die Erdkruste dort immer dünner wird und sich nach und nach absenkt. Inzwischen liegen große Teile dieser vulkanisch hoch aktiven Region bis zu 125 m unter dem Meeresspiegel (Depression). Die Einwohner dieser unwirtlichen Gegend sind die stolzen und stets nach Unabhängigkeit strebenden Afar, daher auch der Name Afar-Dreieck. Die Afar sind traditionell ein Nomadenvolk, das heute auf drei Staaten verteilt ist: Äthiopien, Djibouti und Eritrea. Ausgangspunkt unserer Expedition ist die äthiopische Hauptstadt Addis Abeba, wo wir eines Nachts landen und gespannt unserer Reise entgegen sehen. Wir sind eine Gruppe von sechs Personen und kennen uns bereits von früheren Reisen nach Afrika. Das gemeinsame Interesse an diesem entlegenen Fleckchen Erde hat uns hier zusammengeführt.

Die Fahrt von Addis Abeba in die Danakil ist weit und auf dem Weg dorthin gibt es schon einiges zu erkunden, die Stadt Harar zum Beispiel: Sie war und ist das islamische Zentrum Äthiopiens mit vielen Moscheen, verwinkelten Gassen und weiß verputzten Mauern, sie wird deshalb auch „die weiße Stadt“ genannt. Hier befindet sich das Geburtshaus des letzten Kaisers, Haile Selassie. Die Stadt ist von einer Stadtmauer umgeben, durch die einstmals fünf Stadttore führten, eine Besonderheit in Ostafrika.

Nachdem wir uns Harar etwas näher angesehen haben, brechen wir auf in Richtung Osten. Wir fahren auf Asphalt und kommen zügig voran, doch plötzlich ein Stopp vor einem Seil, das über die Straße gespannt ist. Was hier los ist, wollen wir wissen. Das ist die Staatsgrenze zu Somaliland, keine Polizei, kein Militär, nur viele Leute. Alles aussteigen, Passkontrolle, Gepäckskontrolle, wieder Passkontrolle auf der Somaliland-Seite, umsteigen in Somaliland-Autos. Unsere äthiopischen Geländewagen sind in Somaliland nicht zugelassen. Die Hauptstadt Hargeisa ist nicht weit von der Grenze entfernt, weshalb wir bald unser Hotel mitten auf dem Marktgelände in Hargeisa erreichen. Zentraler geht es nicht mehr. Wir wundern uns über ein paar Marktstände. Auf dem Boden sind päckchenweise Geldscheine aufgestapelt (Somaliland-Schillinge) und warten auf Kunden, die diese eintauschen wollen. Mitten auf der Straße, aber absolut seriös, wird uns gesagt. Am nächsten Tag brechen wir dorthin auf, weswegen wir den Umweg nach Somaliland gemacht haben, zu den Felsmalereien in Laas Geel. Als wenn diese nicht schon spektakulär genug wären, ist die Landschaft rundum atemberaubend schön, ein Traum von Afrika. Man sollte mehr Zeit haben und länger hier verweilen, da sind sich alle einig. Die Felsmalereien zeigen Tier- und Menschenabbildungen in kräftigen Farben und bester Qualität. Sie wurden 2002 von französischen Forschern eher zufällig nach Hinweisen aus der heimischen Bevölkerung entdeckt. Ihre Entstehung wird auf 3000–4000 v. Chr. geschätzt. Ein lokaler Führer gibt uns detaillierte Erklärungen zu den Bildern. Die Republik Somaliland bemüht sich bei der UNESCO um die Verleihung des Titels „Weltkulturerbe“ für diese einzigartige historische Stätte – zu Recht!

Wir kehren wieder nach Äthiopien zurück und begeben uns nach einer Übernachtung in Dire Dawa in den Zwergstaat Djibouti – klein, aber oho! Der Hafen ist ein wichtiger internationaler Umschlagplatz, dem entsprechend zeugen Straßen, Gebäude und Lebenshaltungskosten von mehr oder weniger bescheidenem Wohlstand. Für die Grenzbeamten haben wir ein paar Büschel Kat (grüne Blätter, die lange gekaut werden und eine berauschende Wirkung haben) mitgebracht, um die Grenzformalitäten ein wenig zu „beschleunigen“. Die Straße nach Djibouti ist eine wichtige Lebensader für Äthiopien, das seit der Unabhängigkeit Eritreas keinen eigenen Zugang zum Meer hat.

Hier wird es zum ersten Mal so richtig heiß, denn bisher haben wir uns immer nur im Hochland aufgehalten. Jetzt befinden wir uns erstmals in der Danakil-Senke und sehen uns gleich den tiefsten Punkt Afrikas an, den Lac Assal, der ca. 155 m unter dem Meeresspiegel liegt. Der See bietet einen bizarren Anblick, tiefblaues Wasser umgeben von Salzwüste. Er wird aus unterirdischen Quellen gespeist, der Salzgehalt beträgt 35%, somit ist dieser See eines der salzreichsten Gewässer überhaupt. Die Wassertemperatur hat Badewannenniveau, es ist aber nicht möglich zu schwimmen, denn der See ist zu seicht und der Salzgehalt zu hoch.

Im stimmungsvollen Licht des Sonnenuntergangs erreichen wir dann die nächste landschaftliche Kuriosität, den Lac Abbé. Der Uferbereich ist mit zahlreichen Kalksteinkegeln übersät, die aus Ablagerungen heißer Thermalquellen, die einstmals unter Wasser gelegen haben, entstanden sind. Dichte Mückenschwärme empfangen uns hier und haben fast etwas Bedrohliches an sich. Am Morgen steigen Nebelschwaden aus den heißen Quellen auf, die überall im Boden zu finden sind und das Ufer zu einer Sumpflandschaft werden lassen. Diese Gegend diente dem Science-Fiction-Film „Planet der Affen“ als surreale Kulisse und uns als spektakuläres Fotomotiv. Auch die vielen Flamingos an einem anderen Uferbereich bieten eine sehenswerte Farbenpracht.

Schon wieder geht es nach Äthiopien zurück und wir nächtigen in der ehemaligen Hauptstadt der Provinz Afar, Asayta, am Awash-Fluss gelegen – eine wunderschöne, grüne Oase inmitten der ansonsten so kargen Landschaft. Hier bekommen wir einen Versorgungswagen mit zwei Köchen, denn jetzt geht es wirklich in die Wildnis. Unsere nächste Station ist der Afrera-See, wo im großen Stil Salz produziert wird, mit Hilfe von Verdunstungsbecken. Durch das Einwirken der Sonne bleibt eine Salzkruste über, die abgetragen und von Arbeitern zu kleinen Häufchen zusammen geschoben wird. Diese werden dann mit Schubkarren zur Abfüllanlage gebracht und in Säcke verpackt. Schwere körperliche Arbeit in brütender Hitze! Nach einer Führung durch die Salzgewinnungsanlagen campieren wir an einer idyllischen heißen Quelle, die zum Baden einlädt, obwohl die Wassertemperatur nicht gerade zur Erfrischung beiträgt. Tags darauf steuern wir einem der absoluten Höhepunkte unserer Reise entgegen, dem hoch aktiven Vulkan Erta Ale. Dafür brauchen wir eine Sondergenehmigung der örtlichen Behörden, einen Afar-Guide, der die Wege durch die Wüste kennt, und Polizeischutz. Das Gelände ist teilweise sehr unwegsam und erfordert fahrtechnische Geschicklichkeit. Am späten Nachmittag erreichen wir das Camp am Fuß des Vulkans.

Jeder von uns packt das Nötigste für die kommende Nacht zusammen, wir bekommen Lastkamele für den Aufstieg. Bei Sonnenuntergang gehen wir dann los, zwei Polizisten begleiten uns. Die Landschaft rundum ist bizarr. Wir steigen über erstarrtes Lavagestein, das die seltsamsten Formen angenommen hat. Nach etwa drei Stunden erreichen wir bei Dunkelheit das Camp am Gipfel, der Vulkankrater liegt von dort nur noch in kurzer Entfernung. Aber schon bei den einfachen Hütten, die uns für die kommende Nacht zur Verfügung stehen, bietet sich ein Naturschauspiel dar, das seinesgleichen sucht. Der nächtliche Himmel färbt sich immer wieder ins Orange bis Rot, Funken fliegen durch die Luft. Beim Krater selbst sind wir ganz gefesselt vom Anblick der kochenden und zähen, schwarzen Lavamasse, die immer wieder aufreißt und springbrunnenartige Feuerfontänen aufwirft. Es ist unerträglich heiß und die Luft riecht nach Schwefel. Viel Schlaf gibt es in dieser Nacht nicht, denn man könnte ja etwas verpassen. Noch in der Dunkelheit stehen wir wieder auf, um das Naturspektakel Erta Ale nochmals ausgiebig zu bewundern, bevor wir bei Sonnenaufgang mit dem Abstieg beginnen, denn die Hitze hat uns ganz schnell wieder.

Durch steiniges Gelände, dann durch Sandwüste geht es weiter nordwärts. Doch unser Versorgungswagen gibt bald den Geist auf. Nach mehreren Reparaturversuchen müssen wir von drei auf zwei Autos zusammenrücken, bis wir den Ort Hamed Ale erreichen, wo wir die nächsten Nächte verbringen werden. Hier gibt es nichts außer Strohhütten und eine Kaserne, die uns vier Soldaten als Geleitschutz zur Seite stellen wird. Denn wir befinden uns schon nahe an der Grenze zu Eritrea und man will auf keinen Fall etwas riskieren. Der nächste Höhepunkt, die Schwefelkrater von Dallol, warten auf uns. Der Aufstieg ist kurz, die Überraschung umso größer. Man glaubt, auf einem fremden Planeten gelandet zu sein, so unwirklich sind die Farben und der Geruch. Siedend heißes Salzwasser sprudelt aus unzähligen kleinen Öffnungen und löst dabei verschiedene Mineralien, die diesen an Korallenstöcke erinnernden Erhebungen die typisch weiß-gelb-braunen Färbungen geben, es dampft und zischt überall, gift-grüne Lacken unterstreichen die lebensfeindliche Atmosphäre. Hier ist auch der heißeste Punkt unserer Expedition, 48 Grad, im Schatten versteht sich. Immerhin sind wir aber zur kältesten Zeit des Jahres hier! Mit einem ört lichen Guide machen wir einen Rundgang im Krater, wir sinken kaum ein. Doch der Schwefel hinterlässt Spuren an unseren Schuhen und Hosen, die sich nicht wieder entfernen lassen. Nach einer Stunde ist aber Schluss, wir haben Kopfweh von den Schwefel-Dämpfen und der Hitze. Gleich in der Nähe bestaunen wir noch Salz-Canyons, in denen Erosionsprozesse bis zu 40 m hohe Pfeiler geformt haben. Für den Rest des Tages ist nur noch Ausruhen angesagt und Abwarten, bis die Sonne untergegangen ist.

Am nächsten Tag besuchen wir die Salzkarawanen. Dazu fahren wir in eine völlig leere Ebene, die von einer schneeweißen Salzkruste überzogen ist. Es könnte sich auf den ersten Blick genauso gut um eine Winterlandschaft handeln, nur die Temperatur ist nicht so ganz winterlich. Hier werden in einfachster Handarbeit Salzblöcke aus dem Boden geschlagen und auf Kamele verladen, die dann ins Hochland aufbrechen. Und wieder sind wir betroffen von den körperlichen Strapazen, die diese Männer bei solch schwerer Arbeit auf sich nehmen müssen, denn auch hier ist es unerträglich heiß und kein Schatten, nichts.

Auch wir brechen jetzt auf ins Hochland. Entlang der Pass-Straße treffen wir auf weitere Salzkarawanen und schnell wird es spürbar kühler. Das Landschaftsbild ändert sich gravierend, viel Grün ist zu sehen, dazwischen Steinhäuser. Wir fahren in die Stadt Mekele, wo wir ein komfortables Hotel beziehen und bald vergessen, wie sehr wir in den vergangenen Tagen geschwitzt haben. Von hier aus besuchen wir noch eine berühmte, alte Felsenkirche und den Markt, bevor wir unseren Rückflug nach Hause antreten. Dies war sicher eine der anstrengendsten Reisen, die wir jemals unternommen haben. Wegen der hohen Temperaturen und der weiten Strecken, die wir von einem Punkt zum anderen zurücklegen mussten, aber auch wegen der teilweise recht abenteuerlichen Unterkünfte, die selbst uns, die wir darin schon einige Erfahrung haben, gelinde ausgedrückt in Staunen versetzten.



Reisebericht Äthiopien Danakil-Wüste



















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